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Philosophie am Kröpcke: Fühlen Sie sich von der Politik repräsentiert? (Teil 2)

Veröffentlicht am 11. November 2013

Hannover, Kröpcke-Uhr

Philosophie – eine Wissenschaft im Elfenbeinturm? Weit gefehlt! Das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover macht es sich zur Aufgabe, herauszufinden, was der Mann (und die Frau) von der Straße von den philosophischen Inhalten, die am Institut erforscht werden, weiß und hält. Pünktlich zu jeder Ausgabe des fiph-Journals führen wir dementsprechend eine streng wissenschaftlich kontrollierte Studie durch: Wir schreiten zum Kröpcke, der Agora Hannovers, mit Digitalkamera und Aufnahmegerät bewaffnet, und stellen allen Passanten, die nicht schnell genug flüchten, dieselbe Frage. Auf den Spuren des Sokrates, aber bar jeder Ironie.

Passend zu den Debatten um Postdemokratie wollten wir diesmal wissen: „Fühlen Sie sich von der Politik repräsentiert?“ Da dies manchen zu kompliziert war, haben wir auch volksnäher gefragt: „Sind Sie politikverdrossen?“

Auszüge aus den profunden Antworten lesen Sie hier …

fiph: Sind Sie politikverdrossen?
Jana: Nein, überhaupt nicht, oder (nachdenkend) doch, irgendwie schon. Weil Politiker alle nur Mist reden, immer nur auf einer Ebene reden, auf der sie nicht angreifbar sind, leeres, hohles Gerede von sich geben, ohne Inhalt, ohne irgendwas dahinter. Und das ist parteiübergreifend immer das Gleiche.
fiph: Offenbar fühlen Sie sich von der Politik nicht allzu gut repräsentiert?
Jana: Nö. Gar nicht!
fiph: Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern?
Jana: Mehr Profil, Menschen mit einer Meinung, die sich auch trauen, die zu sagen. Aber Politiker haben alle keine Meinung, dürfen sie auch gar nicht haben – so ist Politik.
fiph: Könnte man an den Strukturen etwas ändern, oder sind es nicht auch die Wähler, die Politiker abstrafen, wenn sie eine eigene Meinung vertreten?
Jana: Natürlich ist das so. Die können kein Profil zeigen, aber dennoch muss mir das nicht gefallen. Wahrscheinlich könnte man mit viel Mühe und Kleinarbeit innerhalb von 100 Jahren etwas dran ändern, aber da fehlt mir die Geduld.

fiph: Sind Sie politikverdrossen?
Nadine: Es kommt darauf an, wie man Politikverdrossenheit definiert. Wenn man sagt, dass man überhaupt kein Interesse mehr an der Politik hat, weil alles Scheiße läuft … Ich finde nicht cool, wie es gerade läuft, aber ich hab‘ trotzdem Interesse und möchte mich ein Stück weit beteiligen.
fiph: Fühlen Sie sich von der Politik repräsentiert?
Nadine: Nein, und zwar weil alle Deutschen alles Mögliche wollen, aber keine der Parteien wählen, die das vertreten. 70 Prozent der Deutschen sind für den Atomausstieg, gegen den Klimawandel und gegen den Krieg in Afghanistan, und die einzige Partei, die das vertritt, Die Linke, wird nicht gewählt.
fiph: Sie würden sagen, es ist ein Problem der Bürger, dass sie so inkonsequent sind?
Nadine: Na ja. Sie halten die für linke Spinner.
fiph: Denken Sie, man könnte die politische Repräsentation verbessern?
Nadine: Ich bezweifle es. Denn wir haben momentan kaum Politiker, denen die Bürger vertrauen. Außer Guttenberg, der jetzt raus ist (lacht).
fiph: Würden Sie auch sagen, dass zu Guttenberg eine vertrauenswürdige Person ist?
Nadine: Der Guttenberg? Nein, nicht aus meiner Sicht. Aber viele Menschen vertrauen ihm.
fiph: Können Sie sich vorstellen, sich selbst politisch zu engagieren?
Nadine: Darüber habe ich tatsächlich schon einmal nachgedacht, aber ich habe keine Lust so viel rumzuschwafeln und darum: Nein.

fiph: Fühlen Sie sich von der Politik repräsentiert?
Ignatz: Nein. Es ist eigentlich fast egal, welche Partei man nimmt – jede kuckt immer nur auf die nächste Wahl. Es geht nicht um den Bürger. Für mich jedoch ist ein Politiker ein Vertreter des Volkes, das heißt, er muss sich informieren, was will das Volk wirklich. Die Leute boykottieren E 10, aber die Politiker setzen trotzdem alles daran, das durchzuboxen!
fiph: Wie könnten Politiker sich besser über den Volkswillen informieren?
Ignatz: Wir haben zwar eine Demokratie, aber letztendlich ist es so, dass wir alle vier Jahre entscheiden dürfen, wer uns verarscht. In der Schweiz, da gibt es Volksabstimmungen, das könnte man bei uns ja auch machen.

fiph: Fühlen Sie sich von den Politikern gut vertreten?
Theresa: Uff – (überlegt). Kann ich gar nicht so wirklich drauf antworten, da mir ein richtiges Verhältnis zur Politik fehlt.
fiph: Müsste sich in der Politik etwas ändern, damit ein solches Verhältnis für Sie entstehen könnte?
Theresa: Ja, ich glaube, wenn man irgendwelche Aktionen organisieren würde, um direkt die Jugend anzusprechen. Denn so, wie sich Politiker oftmals ausdrücken, hören viele in meinem Alter nicht zu. Es ist schon manchmal sehr mühselig, zu verstehen, was die einem überhaupt vermitteln wollen.
fiph: Könnten Sie sich vorstellen, sich politisch zu engagieren?
Theresa: Nein, gar nicht.
fiph: Dann stellt sich aber die Frage, wie Politiker in Erfahrung bringen sollen, dass Ihre Interessen nicht vertreten werden.
Theresa: Ach, ich lass die einfach mal so machen. Irgendwann wandere ich sowieso aus.
fiph: Vielen Dank!

(Die Namen der Befragten wurden von der Redaktion geändert.)

Interviews: Eike Bohlken und René Böse

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Beitragsthemen: Demokratie | Öffentlichkeit | Politik

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