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Philosophy and the Web: Philosophie to go?

Veröffentlicht am 25. März 2014

“Heutzutage ist ja alles Bio, sogar die Macht”. Dieses Bonmot verdanke ich FIPH-Fellow Dr. Eike Brock, der diese Feststellung in einem Gespräch über den Bio-Trend und die Konjunktur postmoderner Philosophie traf. Kulturkritiker*innen, die sich an den Schriften von Byung-Chul Han oder an den Befunden von Hartmut Rosa orientieren, könnten darauf verweisen, dass heutzutage eher alles „to go“ ist. Angefangen bei den Nahrungsmitteln. Denn neben Kaffee gibt es freilich auch Brötchen, Pizza, Pommes Frites und jede Menge anderes Fast Food zum Mitnehmen. Freilich ist in diesem Bereich auch an das LOHASSegment auf dem Markt gedacht. Der Comedian Rainald Grebe beschreibt dies in seinem Song „Karoshi“, der ein wenig wie der Soundtrack zu Hartmut Rosas Beschleunigungsthese klingt: „Es gibt jetzt Suppe-to-go, Suppe-to-go, so’ne Minestrone auf die Hand, das brauch ich“.

Hinzu kommen die diversen App-Angebote für Smartphone und Tablet, die das (spät-)moderne Leben flexibler und mobiler machen, von der Darstellung von Zugfahrplänen in Echtzeit auf dem Handy bis hin zur Möglichkeit, jederzeit mit dem mobile device der Wahl einzukaufen. Auch diese Services ermöglichen  es, diverse Besorgungen unterwegs, also „to go“ zu erledigen.

Während Technik-Enthusiast*innen die Erleichterungen preisen mögen, die solche Entwicklungen zweifelsohne mit sich bringen, werden Kultur- und Technikkritiker*innen hierin eher ein Symptom für die Ausbreitung von „Nicht-Orten“, wie Marc Augé sie bezeichnet hat, erblicken. Als Ausbreitung also von transitorischen Räumen, die nicht zum Verweilen einladen und die gewissermaßen geschichtslos sind. Oder die Apps werden als Beleg dafür gesehen, dass sich in hektischen Gesellschaften kaum mehr Gelegenheiten zum Nachdenken und Innehalten bieten. Die genannten Apps müssten in einer solchen Kritik nicht nur als Ausdruck eines Problems, sondern auch als problemverschärfend verstanden werden, da sie, mit der  normativen Kraft des Faktischen, allein dadurch, dass sie sie ermöglichen, auf hektisches Verhalten und schnellere Abläufe drängen.

Auch der Medienkonsum hat sich frühzeitig an das mobile Leben angepasst. So können beispielsweise Tageszeitungen mittlerweile komplett auf das jeweilige Endgerät geladen werden. Und in sogenannten „Podcast“-Formaten stehen schon seit geraumer Zeit Radio- und Fernsehsendungen zum Download auf Laptop, Tablet, Smartphone oder mp3-Player bereit. Die Video-, Audio- oder .pdf-Dateien, deren Namen sich aus „IPod“ und „Broadcast“ zusammensetzen, handeln die unterschiedlichsten Themen ab. Vorlesungs-Podcasts existieren ebenso wie Mitschnitte aktueller Radiosendungen. Auch eine Reihe philosophischer Podcasts ist mittlerweile im Internet zu finden. Eine kleine Auswahl wird im Folgenden vorgestellt.

Einer der bekanntesten Philosophie-Podcasts ist „Philosophy Bites“, eine Sammlung von Interviews mit bekannten Philosoph*innen zu verschiedenen Themen. Die Podcasts auf dem Blog „Partially Examined Life“ widmen sich zentralen Werken der Philosophie. Der vom Kings College London zusammen mit der Ludwig-Maximillians-Universität München betriebene Podcast „History of Philosophy without any gaps“ bietet Beiträge zur Philosophiegeschichte. Stark politisch ausgerichtet ist der Podcast zu der im Dezember 2013 eingestellten Radiosendung Smiley&West, die von dem Moderator Travis Smiley und dem US-Starphilosophen Cornel West produziert wurde. Ebenfalls sehr empfehlenswert sind die Sendungen von „AK5A“, einem Podcast, der ein weites Themengebiet von Ökologie über Ökonomie bis hin zu Alfred North Whiteheads Theorie und ihrer Verbindung zur Soziologie behandelt.

Auch im deutschsprachigen Raum finden sich mittlerweile hörenswerte philosophische Podcasts; beispielsweise die Mitschnitte der Sendung „Das philosophische Radio“  oder die Podcasts der Schweizer Sendung „Sternstunde Philosophie“.

Wie sind die Philosophie-Sendungen für unterwegs aber grundsätzlich einzuschätzen? Stellen sie eine erfreuliche Neuerung dar, die mehr Menschen als zuvor einen Zugang zur Philosophie ermöglicht? Oder zeugen sie davon, dass Philosophie selbst in den Sog der unterstellten gesamtgesellschaftlichen Hektik geraten ist? Erstere Deutung hat wohl mehr für sich. Denn in tatsächlicher Hektik nehmen sich die Menschen keine Zeit für philosophisches Nachdenken. Egal, ob dies über Büchern in der Bibliothek, auf einer Parkbank oder mit dem mp3-Player zur Hand im Zug stattfindet.

(c) Dominik Hammer

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