Was Philosophische Praxis von der
Psychotherapie allemal unterscheidet, ist, dass erstere auch „die Not der
Notlosigkeit“[1] in
den Blick bekommt, die für meine Wahrnehmung als Philosophischer Praktiker ein
unsichtbarer Grundzug unserer späten Moderne ist. Von dieser Not soll hier die
Rede sein.
Zum scheinbaren Konflikt zwischen Infektionsschutz und Wirtschaftswachstum
Torsten Windels
Abwägungen und Alternativkosten
Die Corona-Krise ist eine schwere Belastungsprobe für alle Menschen und
auch Institutionen. Zur Kontrolle des Infektionsrisikos griff und greift
weltweit ein überwiegend restriktives, staatliches Kontaktreduzierungsprogramm.
Es galt und gilt Gesundheits- und Lebensrisiken zu vermindern. Hierzu wurden
Versammlungs-, Veranstaltungs- und Geschäftsverbote sowie Abstands-, Hygiene-
und Quarantänegebote verhängt.
Recht früh warnten
einige Ökonomen vor hohen volkswirtschaftlichen Kosten durch die staatlichen
Infektionsschutzmaßnahmen. Dabei ging es nicht um die Kosten der Pandemie selbst,
durch Krankheit und Tod sowie deren medizinische Begleitung, sondern um die
entgangenen Einkommen und Gewinne durch die Schutzmaßnahmen. Denn auch diese
beinhalteten erhebliche soziale Risiken (Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit,
Existenz- und Zukunftssorgen, …). Problematisch hierbei war, dass die
staatlichen Maßnahmen und nicht die Pandemie als ursächlich für die Rezession
dargestellt wurden. Es entstand der Eindruck eines Gegeneinanders von Infektionsschutz
oder wirtschaftlicher Entwicklung. [1]
Demokratie ist mehr als eine Regierungsform. Sie ist eine Lebensform. Und sie ist vor allem eins: ein Ereignis. Zur Demokratie befähigt werden wir durch unsere Leidempfindlichkeit, welche die Voraussetzung dafür ist, nicht nur das eigene Leid, sondern auch das Leid Ander*er wahrzunehmen. Demokratie zeichnet sich überdies durch eine Differenzsensibilität aus, die der Motor von Pluralität ist (für ausführliche Literaturhinweise zum Folgenden siehe Manemann 2019).
„Ein Wissenschaftler ist kein Politiker, der wurde nicht gewählt und der muss nicht zurücktreten. Kein Wissenschaftler will überhaupt so Dinge sagen wie: Diese politische Entscheidung, die war richtig. Oder diese politische Entscheidung, die war falsch. Oder diese politische Entscheidung, die muss jetzt als Nächstes getroffen werden. Sie hören das von keinem seriösen Wissenschaftler. […] Die Wissenschaft bekommt damit langsam wirklich ein Problem mit dieser doppelten Aussage, die sowohl von der Politik, wie auch von der Wissenschaft kommt. Beide Seiten sagen, die Politik trifft die Entscheidungen und nicht die Wissenschaft. Das sagt sowohl die Politik, wie auch die Wissenschaft. Dennoch wird weiterhin immer weiter dieses Bild des entscheidungstreffenden Wissenschaftlers in den Medien produziert. Wir sind hier langsam an einem Punkt, wo dann demnächst auch die Wissenschaft in geordneter Weise den Rückzug antreten muss, wenn das nicht aufhört.“ – Christian Drosten, NDR Info: Coronavirus-Update. Folge 24, 30.03.2020.
Die
Corona-Krise zeigt, wie viel Unsicherheit in der Verhältnisbestimmung von Politik
und Wissenschaft besteht. Politische Entscheidungsträger*innen – so scheint es
– waren noch nie so sehr auf wissenschaftliche Expertise angewiesen, aber auch
in der Gesellschaft selbst findet sich ein Verlangen nach eindeutigen
wissenschaftlichen Erklärungen und Empfehlungen. Zugleich finden sich
Wissenschaftler*innen wie nie zuvor in der medialen Öffentlichkeit präsentiert
und damit zugleich in Debatten, für die sie nicht immer gerüstet sind.[1] Trotz eines Grundvertrauens
gegenüber Wissenschaftler*innen[2] führt deren Sichtbarkeit
zu der Frage: Wie sehr können und müssen sich Wissenschaftler*innen in die
Politik einmischen? Und wie stark können und müssen Politiker*innen wissenschaftliche
Ergebnisse als Grundlage ihrer Entscheidungen gewichten?
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