Der Körper ist nicht nur
ein Widerstand in der materiellen Welt, er ist es auch in der feministischen
Philosophie.
In erster Linie erachtet
die traditionelle patriarchale Philosophie und ihre Institutionalisierung die
Zentrierung körperlicher Erfahrung als Erkenntnisorgan als auch als
Erkenntnisobjekt als illegitim, was in feministischer Theorie bereits im
letzten Jahrhundert eingehend thematisiert worden ist.[1] Gleichzeitig gab es aber
auch im Zuge der Entwicklung poststrukturalistischer feministischer Theorien
wiederum ein zunehmendes Fremdeln mit einer positiven und identifikatorischen
Bezugnahme auf Körperlichkeit. Doch woher kommt dieses philosophische Unbehagen
bezüglich des Körpers? Und welche Probleme begegnen jenem feministischen Denken
heutzutage, das Verstrickungen von Körperlichkeit und Geschlecht artikulieren
möchte?
Versuch über die Aktualität von Hans Blumenbergs philosophischer Anthropologie vor dem Hintergrund paläoanthropologischer und kognitionswissenschaftlicher Episteme
(c) Anna Sophie Reuter
Anna Sophie Reuter
1 Einleitende
Worte
„Der Mensch ist das Tier, das einen
aufgerichteten Gang hat.“[1]
Auf dieser zunächst einfachen, an eine Formulierung Herders angelehnten,
Feststellung fußt Hans Blumenbergs philosophische Anthropologie, wenn er den
aufrechten Gang für die Entwicklung und Eigenart des Menschen als entscheidend
klassifiziert.[2]
Zugleich beschreibt er den Menschen als ein Mängelwesen, das sich selbst nur
deshalb an die Spitze der Evolution setzen kann, da „jeder
vermeintliche Fortschritt der Entwicklung nicht ein Superadditum, sondern die
Lösung einer akuten Schwierigkeit der Selbsterhaltung gewesen ist“[3].
Aufrechter Gang, die
damit einhergehende Veränderung der Perspektive sowie die Bedürftigkeit, sich
in einer spezifischen Umwelt zurechtzufinden, sind allerdings nicht nur Aspekte
von Blumenbergs Überlegungen hinsichtlich der Genese des Menschen, sondern
koinzidieren mit aktuellen kognitionswissenschaftlichen und
paläoanthropologischen Epistemenen. Diese transdiziplinäre Nähe zu
Kognitionswissenschaft und Paläoanthropologie macht Blumenbergs philosophische
Anthropologie in den Momenten seiner Ausführungen interessant, in denen
er für einen Werkzeug- sowie metaphorischen Charakter der Sprache argumentiert:
als jenes Mängelwesen benötigt der Mensch sprachliche Konstrukte, um seine
Wirklichkeit zu gestalten; dabei präfigurieren Überzeugungen (in Form von
Metaphern und Mythen), wie die Welt wahrgenommen wird. Ähnliche Thesen lassen
sich in der Extended Mind-Theorie von
Andy Clark und David Chalmers finden, da auch sie davon ausgehen, dass
Überzeugungen einen aktiven Einfluss auf die Wahrnehmung und Gestaltung der
Umwelt ausüben. Unter anderem diese Theorie wiederum spielt eine Rolle in der
Interpretation archäologischer Artefakte und paläoanthropologischer
Erkenntnisse. So plädiert Ben Jeffares dafür, dass die Bipedität des
Australopithecus, der wie der heute lebende Mensch zu den Hominiden gezählt
wird, eine physiologische Veränderung darstellte, die umfassende Konsequenzen
für seine Kognition mit sich brachte[4],
womit sich der Kreis zu Blumenberg schließen ließe.
Der englischsprachige Ausdruck Hate
Speech, manchmal als „Hassrede“ oder „Hassbotschaft“ übersetzt, hat sich im
deutschsprachigen Raum mittlerweile fest etabliert. Hate Speech wird im
öffentlichen Diskurs besonders häufig im Zusammenhang mit der Funktionslogik
des Internets und sozialer Netzwerke thematisiert. Expert*innen warnen vor
einer zunehmenden Radikalisierung in den „Echokammern“ und „Filterblasen“ von
Facebook, Twitter, YouTube und Co.[1] Und tatsächlich legen
aktuelle Studien nahe, dass in den vergangenen Jahren eine Zunahme
diskriminierender, hasserfüllter oder hetzerischer Äußerungen im Internet zu
verzeichnen ist. So stimmten drei Viertel (76 %) aller Teilnehmenden der
bislang umfangreichsten Befragung deutscher Internetnutzer*innen der Aussage
zu, dass „aggressive und abwertende Kommentare im Netz […] in den letzten vier
Jahren zugenommen [haben].“[2] Bei weitem nicht alle
solcher Kommentare sind strafbar. Jedoch hat sich auch die Zahl strafbarer
Hassdelikte „mit dem Tatmittel Internet“ zwischen 2014 und 2016 annähernd
verdreifacht, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage
der Partei „Die Linke“ im Juli 2019 hervorgeht.[3]
Unsere Schwester, Mutter Erde, „schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat. Wir sind in dem Gedanken aufgewachsen, dass wir ihre Eigentümer und Herrscher seien, berechtigt, sie auszuplündern. Die Gewalt des von der Sünde verletzten menschlichen Herzens wird auch in den Krankheitssymptomen deutlich, die wir im Boden, im Wasser, in der Luft und in den Lebewesen bemerken. Darum befindet sich unter den am meisten verwahrlosten und misshandelten Armen diese unterdrückte und verwüstete Erde, die ‚seufzt und in Geburtswehen liegt‘ (Röm 8,22).“ – Mit diesen eindringlichen Worten in „Laudato si“ (Nr. 2) wollte Papst Franziskus die Welt und vor allem die Christ*innen wachrütteln. Bis heute bleiben die Schreie der Erde jedoch in der katholischen Kirche hierzulande ungehört. Ja, es gibt viele Papiere, Verlautbarungen, Predigten, in denen „Laudato si“ zitiert wird. Unzählig sind die Forderungen zur „Bewahrung der Schöpfung“. Auch gibt es viele einzelne Umweltaktionen, etwa das Klimafasten. Aber all die Worte und Aktionen haben bislang keine Taten hervorgebracht, die der Höhe der Herausforderung angemessen wären. Dies wird zur Anklage in einer Zeit, in der sich der Zukunftshorizont zunehmend verfinstert.
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.