Dominik Hammer/Jürgen Manemann
Kunstfreiheit ist ein Grundrecht. Daher darf sich die Kunst, rechtlich betrachtet, (fast) alles erlauben. Von der Kunstfreiheit geschützt wird jede Äußerung, die sich unter den sogenannten „offenen Kunstbegriff“ fassen lässt. Dieser sieht das Merkmal der Kunst darin, dass Kunst das ist, was der Künstler als Kunst bezeichnet. Kunst muss aber auch einer fortgesetzten Interpretation zugänglich sein und darf sich nicht auf schnell verständliche, eindeutige Aussagen beschränken. Nicht nur die Freiheit der Kunst wird also weit gefasst, sondern auch der Kunstbegriff. Und das ist gut so. Kunst lebt von ihrer radikalen, für Bürgerinnen und Bürger oft schwer erträglichen Freiheit. Sie muss über die Maße provokant sein dürfen. Sie ist niemandem verpflichtet, außer sich selbst. Nur so vermag Kunst, ihr Potenzial zu entfalten und etwas zu zeigen, was keiner sieht oder sehen will. Kunst hilft uns, anders zu sehen. Jeder Gegenstand kann Kunst sein.
Aber Kunst muss es auch ertragen, befragt und angefragt zu werden. Bekanntlich ist nicht alles Kunst, was als Kunst daherkommt. Wenn Gertrude Stein schreibt „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose …“, dann gilt, auf die Kunst bezogen: „Kunst ist Kunst ist Kunst ..“ Aber auch: „Müll ist Müll ist Müll ..“ Ob ein Gegenstand Kunst ist, hängt nicht von der materiellen Beschaffenheit ab, sondern von seiner Fähigkeit, unsere Augen zu öffnen, anderes zu sehen oder Bekanntes auf neue Art zu sehen. Karikaturen wären dann daraufhin zu befragen, ob sie etwas Neues sehen helfen oder bloße Vorurteile und Sehgewohnheiten zementieren. Letzteres wäre keine Kunst – aber, so nicht der Tatbestand der Volksverhetzung vorliegt, erlaubt. Christinnen und Christen können auf Karikaturen ihres Glaubens, die diesen pervertieren, eigentlich sehr gelassen reagieren, kann doch Gott durch derlei Beleidigungen nicht in seiner Ehre gekränkt werden. Gott ist kein weltlicher Herrscher, Majestätsbeleidigung trifft ihn nicht. Wir sollten Gott nicht so klein machen. Das wäre eine Beleidigung Gottes. Wenn jedoch Kunst die Würde anderer Menschen verletzt, indem sie Vorurteile bedient und damit Hass schürt, dann müssen Christinnen und Christen ihre Stimme erheben und deutlich machen, dass das keine Kunst ist, sondern: Müll.
Der vorliegende Text ist zuerst unter dem Titel „Müll ist Müll“ in der Braunschweiger Zeitung erschienen. Online ist der Text hier zu finden.
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