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Philosophie am Kröpcke: Ist der Mensch ein freies Wesen? (Teil 2)

Veröffentlicht am 9. Dezember 2013

Hannover, Kröpcke-Uhr

Philosophie – eine Wissenschaft im Elfenbeinturm? Weit gefehlt! Das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover macht es sich zur Aufgabe, herauszufinden, was der Mann (und die Frau) von der Straße von den philosophischen Inhalten, die am Institut erforscht werden, weiß und hält. Pünktlich zu jeder Ausgabe des fiph-Journals führen wir dementsprechend eine streng wissenschaftlich kontrollierte Studie durch: Wir schreiten zum Kröpcke, der Agora Hannovers, mit Digitalkamera und Aufnahmegerät bewaffnet, und stellen allen Passanten, die nicht schnell genug flüchten, dieselbe Frage. Auf den Spuren des Sokrates, aber bar jeder Ironie.

Eingeschüchtert vom medialen Echo über die „Illusion der Freiheit“ wollten wir diesmal von den Hannoveranern und ihren Gästen erfahren, ob der Mensch ein freies Wesen ist. Auszüge aus den profunden Antworten lesen Sie hier …

Fiph: Ist der Mensch ein freies Wesen?
Nora: Uh – ich würde sagen … Nein. Ich glaube, dass alles irgendwo vorherbestimmt ist. Nicht durch so etwas wie Schicksal, sondern einfach dadurch, dass alles kausal beeinflusst ist und eins zum Nächsten führt – dass wir also determiniert sind.
Fiph: Heißt das, Ihr Leben passiert einfach?
Nora: Ja. Aber ich finde den Gedanken nicht schlimm, dass alles einen Grund hat.
Fiph: Haben Sie nie das Gefühl, dass Sie frei sind, wenn Sie bestimmte Dinge tun?
Nora: Doch, das Gefühl hat man natürlich.
Fiph: Aber das ist dann eine Illusion?
Nora: Ich bin ja insofern frei, als ich tun kann, was ich tun möchte. Vielleicht ist es gegeben, was ich tun werde, dadurch, dass ich ’ne bestimmte Erziehung hab’ und bestimmte Hintergründe, aber ich bin ja trotzdem frei, das selbst zu entscheiden.

Alter Mann (böse): Hör’n Sie mir mit dem Theater auf!

Fiph: Ist der Mensch ein freies Wesen?
Django: Das müsste man eigentlich bei einer Flasche Wein besprechen!
Quentin: Der Mensch schränkt sich selber ziemlich ein, mit gesellschaftlichen Zwängen.
Samuel: Trotzdem entscheidet er selber!
Quentin: Eigentlich nicht. Du kriegst es ja von Deinen Eltern vorgegaukelt, an was Du Dich halten und was Du denken sollst.
Samuel: Ja, aber sobald Du alt genug bist, kannst Du Dich selber informieren und kannst komplett Deine eigenen Entscheidungen treffen. Klar, durch die Gesellschaft sind ein paar Sachen vorgegeben, an die Du Dich halten musst. Trotzdem: Die großen Entscheidungen liegen bei Dir. Deshalb bin ich der Meinung: Der Mensch ist frei!
Django: Jetzt kann man aber auch sagen, es kommt darauf an, wie man Freiheit definiert, weil das irgendwer immer sagen muss … Wenn man jetzt Freiheit so definiert, alles machen zu können, was man will – z.B. wenn ich jetzt irgendwem die Rübe einschlagen möchte –, dann habe ich die Freiheit, das zu machen, aber ich muss die Konsequenzen tragen. Und diese Konsequenzen – schränken die mich ein in meiner Freiheit, oder nicht?
Samuel: Klar, die Konsequenzen schränken Dich ein, aber das läuft auch wieder darauf hinaus, wie Du Dich vorher entschieden hast, wie Du mit der Situation umgehst.
Django: Du bist frei, zu entscheiden, aber die Entscheidung wird gleichzeitig beeinflusst von den Konsequenzen, die Du wohl oder übel im Hinterkopf hast.
Samuel: Ja, aber bevor die Konsequenzen kommen, hast Du doch die Entscheidungsfreiheit.
Django: Aber Du weißt, dass es Konsequenzen gibt. Du weißt, was das für Konsequenzen sind, und Du denkst: hmmm, ich möchte diese Person gerad’ erschlagen, aber dann lande ich im Knast.
Samuel: Wenn Du jetzt Freiheit so definierst, dass Du sowas nicht ungestraft machen kannst, dann bist Du nicht frei!
Django: Das ist eben die Sache, weshalb ich meinte, es kommt darauf an, wie man das definiert. Ich kann auch sagen: Hey ich bin nicht frei – ich kann nicht fliegen; die Gesetze der Physik erlauben mir keine vollständige Freiheit.
Fiph: Man könnte hier näher zwischen Willens- und Handlungsfreiheit unterscheiden …
Django: Das passt dann. Ich meine, es gibt jetzt niemanden, der einen unbedingt davon abhält, von dem Akt an sich. Die Hürde ist halt eher im Kopf.
Fiph: Erziehung kann einen ja auch durchaus unfrei machen. Kann man sich über seine Erziehung hinwegsetzen?
Samuel: Das macht doch eigentlich fast jeder. Jeder stellt irgendwann in Frage, wie er erzogen wurde, oder bekommt durch Andere mit, dass sie anders erzogen werden, z.B. auch freier. Daraus ergibt sich, dass man Entscheidungen selber treffen kann, dass einem nicht alles vorgekaut wird.
Fiph: Kann man denn dann noch von Freiheit sprechen? Ist es nicht auch bedingt, womit ich zufällig in Kontakt komme?
Samuel: Man kann dann unterscheiden zwischen hundertprozentiger Freiheit und eingeschränkter Freiheit. Trotz Einschränkungen und Verboten kann man immer noch frei sein!

Fiph: Ist der Mensch ein freies Wesen?
Svenja: Nein, ich würde sagen heutzutage nicht mehr, in dem ganzen Konsum, den wir haben, in der Gezwungenheit der anderen Menschen, die auf den Einzelnen abfärbt – ganz früher bei den Höhlenmenschen vielleicht. Die haben einfach das gemacht, was sie für richtig hielten. Heute wird auf das geachtet, was Andere wollen oder denken.
Fiph: Sie haben selbst nicht das Gefühl, dass Sie frei sind?
Svenja: Ich könnte schon frei sein, aber man macht sich schon Gedanken darüber, was Andere von einem verlangen. Ich kann schon machen, was ich will. Aber man ist dann auch gleich wieder Außenseiter, wenn man frei denkt.
Fiph: Fühlen Sie sich entfremdet?
Svenja: Nein, ich kann damit ganz gut leben.

(Die Namen der Befragten wurden von der Redaktion geändert.)

Interviews: Eike Bohlken und Dominik Hammer

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Beitragsthemen: Anthropologie | Freiheit

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