InDepth – longread: Ich sehe, dass das falsch ist. Ein kurzer Einblick in die Philosophie der moralischen Wahrnehmung

Dr. des. Larissa Berger

Angenommen, man geht um die Ecke und nimmt eine Katze wahr. Man sieht, dass die Katze schwarz ist sowie eine bestimmte Form hat, und man hört sie Miauen. Es liegt eine ganz normale Wahrnhemungssituation vor. Nun stelle man sich aber die folgende geänderte Situation vor: Man geht um die Ecke und nimmt wahr, dass Jugendliche die Katze mit Benzin übergießen und anzünden.[1] Die allermeisten von uns werden dieser Situation gegenüber nicht moralisch indifferent sein: Wir sehen diese Situation und uns ist dabei unmittelbar bewusst, dass die Jugendlichen etwas moralisch Falsches tun. Dies erfordert kein großes Nachdenken. Wir wissen einfach um die Falschheit der Handlung der Jugendlichen. Aber wie genau gelangen wir zu diesem Wissen? Wie lässt sich unser unmittelbarer Zugriff auf die moralischen Eigenschaften der wahrgenommenen Situation philosophisch einholen?

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Schwerpunktbeitrag: Gibt es moralische Tatsachen?

Christoph Halbig

Eine Klärung der Frage, ob es moralische Tatsachen gibt, setzt eine Klärung der Frage voraus, worum es sich bei solchen Tatsachen, gäbe es sie denn, überhaupt handeln könnte. Diese Frage ist in der Philosophie in hohem Maße strittig. Ich möchte mich ihr daher nicht über die Vergegenwärtigung philosophischer Positionen, sondern auf dem Wege einer phänomenologischen Verständigung nähern, die versucht, die Eigenart moralischer Tatsachen durch Abgrenzung zu anderen, wenn auch verwandten Arten von Tatsachen zu bestimmen.

Es ist ohne Zweifel eine Tatsache, dass man im deutschen Straßenverkehr verpflichtet ist, die rechte Fahrbahnseite zu nutzen, und es ist eine Tatsache, dass man beim Schach den Turm nicht diagonal bewegen darf. Wie unterscheiden sich solche Tatsachen von der moralischen Tatsache, dass es verwerflich ist, ein Baby zu quälen? Weiterlesen

Pro und Contra: Ist der epistemische Relativismus überzeugend?

Martin Kusch

Pro: Martin Kusch

Relativismus beinhaltet eine Reihe von Annahmen. In diesem Beitrag werde ich mich auf eine ansatzweise Verteidigung einer dieser Annahmen konzentrieren, nämlich jene, die die Frage nach einer echten Alternative zu unserem epistemischen System affirmativ beantwortet.

(*) Es gibt epistemische Systeme, die sich von unserem epistemischen System wesentlich unterscheiden.

(*) spricht von „epistemischen“ System. Damit ist schon gesagt, dass es hier um eine Form des Relativismus geht, für die epistemische Rechtfertigung relativ auf Systeme von epistemischen Prinzipien ist. Wenn ich von „unserem epistemischen System“ spreche, meine ich in etwa das epistemische System, das mit einem aufgeklärten wissenschaftlichen Weltbild zusammengeht. Weiterlesen

Schwerpunktbeitrag: Wozu Metaethik?

Scarano Foto

Nico Scarano

Die Frage nach dem Wozu einer philosophischen Disziplin ist nicht einfach zu beantworten. Dies gilt auch für die Metaethik. Einen Zugang zur Frage nach ihren Zielen und Zwecken gewinnt man darüber, dass es Philosophie generell um Verstehen geht. Was versucht die Metaethik zu verstehen? Welche Fragen möchte diese Disziplin mit Hilfe philosophischer Methoden beantworten? Im Folgenden werde ich (1.) zunächst umrisshaft skizzieren, was überhaupt Metaethik ist, um (2.) dann vier metaethische Arbeitsgebiete voneinander abzugrenzen und deren jeweilige Hauptfragen zumindest ansatzweise zu benennen. Schließlich werde ich (3.) kurz darauf eingehen, inwiefern die Metaethik neben ihrer eigentlichen Aufgabe, die in der Beantwortung dieser Fragen liegt, auch als Hilfsdisziplin für andere wissenschaftliche Untersuchungen dienen kann. Weiterlesen