InDepth – shortread: Was ist Hate Speech? Ein Vorschlag zur Begriffsexplikation

Inga Bones

Der englischsprachige Ausdruck Hate Speech, manchmal als „Hassrede“ oder „Hassbotschaft“ übersetzt, hat sich im deutschsprachigen Raum mittlerweile fest etabliert. Hate Speech wird im öffentlichen Diskurs besonders häufig im Zusammenhang mit der Funktionslogik des Internets und sozialer Netzwerke thematisiert. Expert*innen warnen vor einer zunehmenden Radikalisierung in den „Echokammern“ und „Filterblasen“ von Facebook, Twitter, YouTube und Co.[1] Und tatsächlich legen aktuelle Studien nahe, dass in den vergangenen Jahren eine Zunahme diskriminierender, hasserfüllter oder hetzerischer Äußerungen im Internet zu verzeichnen ist. So stimmten drei Viertel (76 %) aller Teilnehmenden der bislang umfangreichsten Befragung deutscher Internetnutzer*innen der Aussage zu, dass „aggressive und abwertende Kommentare im Netz […] in den letzten vier Jahren zugenommen [haben].“[2] Bei weitem nicht alle solcher Kommentare sind strafbar. Jedoch hat sich auch die Zahl strafbarer Hassdelikte „mit dem Tatmittel Internet“ zwischen 2014 und 2016 annähernd verdreifacht, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ im Juli 2019 hervorgeht.[3]

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InDebate: Hannover – erste autofreie Stadt Deutschlands!

Klimaweisen-Rat unterstützt Forderung von FridaysForFuture

Bernd Schwabe [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]

Jürgen Manemann

Die ökologische Krise, in der wir uns befinden, ist verursacht durch eine gestörte Weltbeziehung, deren Ausdruck Entfremdung ist. Der Soziologe Hartmut Rosa hat diese Zusammenhänge scharfsinnig analysiert. Entfremdung ist das „Gefühl, dass die Welt ihre Bedeutung verloren hat, dass sie blass und grau geworden ist. Dass mich nichts mehr berührt.“ Der Gegenbegriff zu dieser Weltbeziehung ist Resonanz: „berührt werden, […] die Welt erreichen können. Nicht verschlossen, sondern offen sein.“[1] Eine resonante Weltbeziehung gelingt uns immer weniger. Deutlich spüren wir das in unseren Städten. In einem Interview wurde der zurzeit wohl einflussreichste Stadtplaner, Jan Gehl, gefragt, woran man die Lebensqualität einer Stadt erkenne. Seine Antwort: „Es gibt einen sehr simplen Anhaltspunkt. Schauen Sie, wie viele Kinder und alte Menschen auf Straßen und Plätzen unterwegs sind. Das ist ein ziemlich zuverlässiger Indikator. Eine Stadt ist nach meiner Definition dann lebenswert, wenn sie das menschliche Maß respektiert. Wenn sie also nicht im Tempo des Automobils, sondern in jenem der Fußgänger und Fahrradfahrer tickt.“[2]

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InDebate: Politische Öffentlichkeit – vor 100 Jahren und heute

(c) privat

Andreas Antić

»Die gegenwärtige Krise der westlichen Demokratie ist eine Krise des Journalismus.« – Diese Behauptung erscheint in Bezug auf den Zustand von Demokratie und Journalismus im digitalen (Des-)Informationszeitalter durchaus zutreffend. Sie stammt jedoch aus dem 1920 erschienenen Buch Liberty and the News von Walter Lippmann, der bis in die 70er Jahre einer der einflussreichsten amerikanischen Journalisten war. Noch als Student war Lippmann am Beginn des 20. Jahrhunderts ein Anhänger des Sozialismus, entwickelte später aber eine konservative, antikommunistische und technokratische Position. Weiterlesen

Schwerpunktbeitrag: Nachbarschaft

Walter Siebel

Menschen sind soziale Wesen. Ohne in soziale Beziehungen eingebettet zu sein, könnten sie weder materiell noch psychisch überleben. Soweit es sich um informelle Beziehungen handelt, beruhen sie auf Verwandtschaft, Freundschaft oder auf räumlicher Nähe. Letztere nennt man Nachbarschaft. Aber welche Qualität diese sozialen Beziehungen annehmen und welche Rolle sie spielen, ist historisch wandelbar. In vormodernen Gesellschaften war Nachbarschaft eine auf ökonomischer Notwendigkeit beruhende, von sozialen Normen strikt geregelte Gemeinschaft. Diese Form von Nachbarschaft existiert nicht mehr. Im ersten Teil wird erklärt, weshalb (I). Im zweiten Teil werden die heutigen Formen nachbarlichen Verhaltens beschrieben (II). Welche Rolle Nachbarschaften bei der Integration von Zuwanderern spielen, wird in Teil III diskutiert. Nachbarschaft wird es auch in Zukunft und auch in der Großstadt geben. Sie kann wichtige Funktionen für bestimmte Gruppen erfüllen. Aber künftige Nachbarschaften werden wenig gemein haben mit dem dichten und unentrinnbaren Geflecht sozialer und ökonomischer Abhängigkeiten in vormodernen dörflichen Nachbarschaften (IV).
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