Schwerpunktbeitrag: Anthropologie der Macht

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Dirk Jörke

Macht und Gewalt stellen Grundformen menschlichen Zusammenlebens dar. Doch der Machtbegriff ist schwer zu fassen. Es sind vor allem drei Fragen, die in Philosophie und Wissenschaft immer wieder aufgeworfen, aber bis heute nicht endgültig beantwortet worden sind: 1. Was ist Macht? 2. Ist das Streben nach Macht dem Menschen als solchem angeboren oder wird er von den gesellschaftlichen Verhältnissen zur Macht gezwungen? 3. Wie lassen sich die destruktiven Wirkungen des Machtstrebens verhindern? Weiterlesen

Pro und contra: Folgt Macht einer einheitlichen Richtung?

(c) Agnes Wankmüller

(c) Agnes Wankmüller

Pro: Antonio Gramsci

Macht als Hegemonie erfährt ihre Richtung durch die führende, herrschende Gruppe einer Gesellschaft

„Vorläufig lassen sich zwei große superstrukturelle ‚Ebenen‘ festlegen – diejenige, die man die Ebene der ‚Zivilgesellschaft‘ nennen kann, d.h. des Ensembles der gemeinhin ‚privat‘ genannten Organismen, und diejenige der ‚politischen Gesellschaft oder des Staates‘ – die der Funktion der ‚Hegemonie‘, welche die herrschende Gruppe in der gesamten Gesellschaft ausübt, und der Funktion der ‚direkten Herrschaft‘ oder des Kommandos, die sich im Staat und in der ‚formellen‘ Regierung ausdrückt, entsprechen. Diese Funktionen sind eben organisierend und verbindend. Die Intellektuellen sind die ‚Gehilfen‘ der herrschenden Gruppe bei der Ausübung der subalternen Funktionen der gesellschaftlichen Hegemonie und der politischen Regierung, nämlich: 1. des ‚spontanen‘ Konsenses, den die großen Massen der Bevölkerung der von der herrschenden grundlegenden Gruppe geprägten Ausrichtung des gesellschaftlichen Lebens geben, eines Konsenses, der ‚historisch‘ aus dem Prestige (und folglich aus dem Vertrauen) hervorgeht, das der herrschenden Gruppe aus ihrer Stellung und ihrer Funktion in der Welt der Produktion erwächst; 2. des staatlichen Zwangsapparats, der ‚legal‘ die Disziplin derjenigen Gruppen gewährleistet, die weder aktiv noch passiv ‚zustimmen‘, der aber für die gesamte Gesellschaft in der Voraussicht von Krisenmomenten im Kommando und in der Führung, in denen der spontane Konsens schwindet, eingerichtet ist.“[1] Weiterlesen

Am Abgrund: Plädoyer für eine maßvolle Politik im Streit zwischen Griechenland und EU

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Dora Papadopoulou

Seit Ende Januar 2015 hat Griechenland eine neue Regierung. Diese Regierung besteht bekanntlich aus einer Koalition zwischen der linken Partei Syriza mit 149 Abgeordneten und der rechtspopulistischen Partei „Die Unabhängigen Griechen“ mit 13 Abgeordneten. Beide Parteien sehen ihre Zusammenarbeit durch die Wahl legitimiert und versuchen, linke und rechte Politik miteinander zu verbinden. Seitdem haben beide ein gemeinsames Ziel vor Augen haben, nämlich Griechenland vor den Feinden zu retten. Blicken wir auf diese Regierung, so geht es nicht nur um eine linke Regierung oder von einem Regime ohne Zusammenhang, sondern es geht eher um eine Regierung, auch nicht um eine Regierung ohne Konzept, sondern um eine Regierung, auf die viele Menschen große Hoffnungen gesetzt haben. Die Bürger/innen erwarten eine neue Zukunft. Diese Regierung repräsentiert viele verschiedene Menschen: diejenigen, die an etwas Neues glauben wollen, jene, die keine andere politische Partei mehr für vertrauenswürdig halten, aber auch diejenigen, die sich an einem streng utilitaristischen Nutzenkalkül orientieren. Mit dieser Gemengelage umzugehen – das war und ist die Aufgabe der Regierung. Weiterlesen

InDebate: Lob der Fraktionsdisziplin

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Bernhard Schreyer

Im Grundgesetz ist die Sache scheinbar klar geregelt: Abgeordnete sind „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ (Art. 38 Abs. 1 GG). Damit scheint jede Art von Fraktionsdisziplin oder gar -zwang ausgeschlossen zu sein. Doch so einfach kann man es sich nicht machen: Der moderne Parlamentarismus ist ein komplexes und arbeitsteiliges Entscheidungssystem, das unterschiedliche Politikfelder managen und koordinieren muss. Die Fraktionen gliedern sich in Arbeitsgruppen, deren Mitglieder in den entsprechenden Parlamentsausschüssen arbeiten. Die einzelnen Abgeordneten sind zumeist spezialisierte Fachpolitiker, deren Vorlagen und Empfehlungen schon deshalb von den Fraktionskolleginnen und -kollegen übernommen werden, weil sich der einzelne Abgeordnete nicht in jedes politische Teilgebiet gleichzeitig einarbeiten kann. Innerhalb einer Regierungsfraktion kommt noch die Abstimmung mit den Ministerien und der Fraktion des Koalitionspartners hinzu. Das Abstecken eigener Positionen, die Verhandlungen und die Kompromissfindung würden ohne Fraktionsdisziplin erheblich erschwert. Weiterlesen